Die Poggendorff-Illusion ist eine optische Täuschung, die auf der Wahrnehmung des Zusammenspiels zwischen diagonalen Linien und horizontalen bzw. vertikalen Kanten beruht, die zu einer scheinbaren relativen Verschiebung der beiden Segmente einer Linie parallel zu den Kanten eines Balkens führt, den sie schräg kreuzt und von diesem unterbrochen wird.
Eine mögliche Erklärung betrifft die Winkelverzerrung des Wahrnehmungssystem, nach der spitze Winkel größer wahrgenommen als sie sind (Winkelüberschätzung) werden, während analog stumpfe Winkel kleiner wahrgenommen, als sie tatsächlich sind (Winkelunterschätzung) werden. Verantwortlich sind dabei bestimmte Nervenzellen in der Sehrinde (orientierungsspezifischen Zellen der Area striata) im visuellen Cortex, die nur auf eine bestimmte Reizorientierung mit voller Aktivität reagieren, auf andere Reizorientierungen entsprechend geringer. Zusammen mit Prozessen lateraler Hemmung, die bereits auf der Ebene der Netzhaut stattfinden, ergeben sich bei spitzen Winkeln Überschneidungen derart gehemmter Bereiche innerhalb der Figur. Die Folge daraus ist, dass die Aktivität der für diesen Reiz weniger empfindlichen spezifischen Neuronen auf der Winkelinnenseite stärker abnimmt als auf der Winkelaußenseite – der Schwerpunkt verschiebt sich nach außen, der Winkel wird falsch eingeschätzt. Eine andere Theorie geht von einer räumlichen Verarbeitung der Poggendorff-Figur aus, wobei das Wahrnehmungssystem die Figur im perspektivischen Sinne ergänzt. Ein weiterer Erklärung basiert auf der Annahme, dass das visuelles System verschieden große Details auf unterschiedlichen Kanälen verarbeitet.
Diese optische Täuschung ist nach dem Physiker Johann Christian Poggendorff benannt, der sie 1860 erstmals beschrieb. Das Bild der Originalfigur stammt aus Lingelbachs Scheune, auf der zahlreiche optische Phänomene erklärt werden.
Literatur
https://www.die-scheune.info/die-poggendorff-tauschung/ (24-01-22)
https://de.wikipedia.org/wiki/Poggendorff-T%C3%A4uschung (24-01-22)